Die Zeit zwischen den Jahren
Seit alters kennen die Menschen unserer Breiten eine Zeit, die nicht von dieser Welt ist. In den Tagen und Nächten zwischen Weihnachten und dem 06. Januar, dem Tag der Heiligen Drei Könige, erlebten sie sich herausgehoben aus allem Alltäglichen, hineingesunken in eine Phase der Stille und des Rückzugs in die Stuben, während es draußen stürmte, fror und spukte. Die Wilde Jagd scheuchte verlorene Seelen über die Lande und durch die Dörfer, allerlei Geister trieben ihr Unwesen. Also blieb man lieber am warmen Ofen sitzen, ruhte sich von den Mühen des letzten Jahres aus und lauschte den Märchen und teilweise ordentlich gruseligen Geschichten, die die Alten zu erzählen wussten. Die Uhren schienen stehen geblieben zu sein in diesen rauhen Nächten. Jetzt galten andere Regeln als im übrigen Jahr….
Aus dem Buch “Vom Zauber der Rauhnächte” von Vera Griebert-Schröder & Franziska Muri, welches ich zum Geburtstag von einem meiner Herzensmenschen geschenkt bekommen und die letzten Tage gelesen habe.
Der Brauch der Rauhnächte war mir bis Ende letzten Jahres unbekannt und wurde mir von einem lieben Menschen näher gebracht. Die Rauhnächte beschreiben die Zeit von Weihnachten über Silvester, bis zum 06. Januar. Ursprünglich wurde das Jahr anhand des Mondkalenders gezählt, welcher 354 Tage umfasste. Als später die Zeitrechnung auf den Sonnenkalender umgestellt wurde, hatte man 365 Tage und es ergab sich eine Differenz von 12 Nächten - eben die Rauhnächte. Von daher wahrscheinlich auch der uns - oder zumindest mir - bekanntere Begriff “Zwischen den Jahren”. Eine Zeit, die ich schon immer als besonders empfand - kehrte bei mir dort auch immer Ruhe ein und ich zog mich in den engsten Familienkreis zurück. Wie ich im oben genannten Buch gelesen habe, wurde diese Zeit seit Generationen dazu genutzt um inne zu halten, das alte Jahr gebührend zu verabschieden und sich auf das Neue vorzubereiten. Man überließ in diesen Tagen die Außenwelt den bösen - durch die Jagd aufgescheuchten - Geistern und zog sich in seine Hütte zurück. Geschützt hat man Heim und Hof mit Kerzen, die in jeder Himmelsrichtung außen auf dem Hof aufgestellt wurden. Innen saß man am wärmenden Kamin und räucherte die Luft mit Myrre und Weihrauch - daher wurden die Rauhnächte auch gerne als Rauchnächte bezeichnet. Am Ende der Zeit gingen die jungen Männer nach draußen und vertrieben maskiert und wild tanzend die bösen Geister, um das neue Jahr zu begrüßen.
Den Rückzug und das Besinnen nehme ich gerne für mich in Anspruch, allerdings werde ich nicht maskiert um das Haus tanzen - was sollen denn die Nachbarn denken ;-).
Meine liebe Freundin begeht das ganze seit Jahren mit der Tradition, dass sie vom 25. Dezember bis zum 6. Januar jeweils eine Karte aus einem speziellem Kartendeck zieht und sich diese dann notiert. Jede dieser Karten steht dann für einen Monat, im kommenden Jahr (25.12. für den Januar, 26.12. für den Februar usw.). Dieses Ritual finde ich sehr schön und da sie mir zum Geburtstag neben diesem Buch auch ein entsprechendes Kartendeck geschenkt hat, werde ich dieses Jahr ebenfalls damit anfangen. Jeden der Rauhnächte einen Moment inne halten, eine Karte ziehen und die Gefühle und das Befinden in einer art Tagebuch für das kommende Jahr eintragen. Ich freue mich schon sehr darauf. Als weiteren Brauch habe ich mir folgendes rausgesucht:
Ich habe gestern - am 21. Dezember (Wintersonnenwende) - dreizehn Wünsche und Gedanken zum kommenden Jahr auf einzelne Zettel geschrieben. Diese werden dann gefaltet und in eine Aufbewahrungsbox gesteckt. In den Rauhnächten zieht man dann jeden Abend einen Zettel (ohne sich anzuschauen, was draufsteht) und verbrennt diesen - gibt den Wunsch also ab an das Universum. Nach den Rauhnächten bleibt dann ein Wunsch übrig und dies ist der Wunsch, um den man sich selbst kümmern muss. Finde ich eine sehr schöne Sache und ich bin schon in Vorfreude auf mein Tun.
Wie auch immer ihr diese Zeit verbringt: Ich wünsche euch ein frohes Weihnachtsfest und eine gute Zeit mit euren Lieben.
Bleibt gesund und wach
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