Früher war mein Schlüsselbund ein wahrer “Schlüsselklops”, beulte männermäßig die Tasche aus und wog gefühlt eine Tonne. Man hätte ihn auch gut als Wurfgeschoss nutzen können, so wie mein Lehrer Herr Stüber damals in der neunten und zehnten Klasse. Wenn man da nicht aufgepasst hatte, traf einen die bleierne Kugel direkt am Kopf oder landete zumindest mit lautem Getöse auf dem eigenen Tisch. Zielen konnte Herr Stüber wirklich gut. Heute würde er dafür wahrscheinlich direkt suspendiert, aber damals war das halt so. Und um ihn hier nicht in ein schlechtes Licht zu rücken: Er war ein wirklich guter Lehrer und stand hinter seinen Schülern. Doch zurück zu meinem Schlüssel…
Wie ich ja schon berichtete, habe ich zum Ende des letzten Jahres mein Studio an einen Nachmieter abgegeben. Nach der Schlüsselübergabe bin ich nach Hause gefahren, fasste in die Tasche und dachte spontan: “Wo ist mein Schlüssel?” Mir schoss direkt der Gedanke durch den Kopf, dass ich ihn im Studio habe liegen lassen und ich war schon im Begriff mich wieder ins Auto zu setzen und zum Studio zu fahren. Ich kramte noch einmal in Ruhe in meiner Jackentasche und da war er … im Gegensatz zu mir sehr dünn, seeeeeehr dünn. Es war noch genau ein Schlüssel dran.
Was für eine schöne Metapher!
Ich hielt einen Moment inne und dachte über all die Dinge nach, die ich in den letzten Jahren aus meinem Leben aussortiert habe. Das war echt ne ganze Menge und als Symbol dafür bleibt jetzt noch genau ein Schlüssel - der zu unserem Haus.
Für mich fühlt sich das alles sehr gut an - mit jedem Stück unnötigem materiellem Ballast, fällt auch ein Stück Schwere von mir ab. Sicherlich gibt es da noch einiges zu tun, aber ich bin auf einem guten Wege. Ich habe das Gefühl je weniger man sich mit materiellem Zeug beschäftigen muss, desto mehr nimmt man am wirklichen Leben teil. Vor allem ist es sehr befreiend, wenn man Dinge nur noch der Freude wegen hat und nicht mehr an ihnen hängt oder gar seinen Status davon abhängig macht. Das kenne ich alles aus meinen jungen Jahren nur zu gut und ich denke, da ist das zunächst auch in Ordnung. Desto schöner ist es dann, wenn man feststellt, dass man das alles gar nicht braucht und wie schön das einfache Leben sein kann.
Neugierig bin ich jetzt vor allem darauf, welche Schlüssel vielleicht wieder dazu kommen? So Einen oder Zwei fände ich in Ordnung - Schlüssel zu schönen Orten, an denen ich gerne bin. Das wären dann drei Schlüssel - alle guten Dinge sind ja nunmal auch Drei. Ich freue mich auf das, was noch kommt aber vor allem erfreue ich mich an dem, was bereits ist.
Bleibt gesund und wach!
Comments