Aus MIR wird WIR
- Misar
- vor 4 Minuten
- 2 Min. Lesezeit

Vor ein paar Tagen erzählte mir eine bekannte, wie es für sie damals war, als sie geheiratet hat:
“Weißt Du, wir haben geheiratet, dann hatten wir irgendwann ein gemeinsames Haus, mein Auto habe ich dann auch weggegeben, die Konten wurden vereint und die Kinder kamen. Irgendwann fiel mir dann auf: Ich bin jetzt nur noch wir.”
Der letzte Satz “Ich bin jetzt nur noch wir” hat mich sehr berührt und ich musste im Nachgang noch viel darüber nachdenken. Das kannte ich alles zu gut - war ich doch früher auch auf der Suche nach “der Einen”, die mich endlich “ganz” macht. Hatte ich auch ein paarmal gefunden, zumindest für eine gewisse Zeit. Und jedesmal wenn der Traum platzte, brach eine Welt zusammen - mir fehlte ja quasi die Hälfte und mit einem Bein lässt es sich schlecht stehen. Vom Laufen ganz zu schweigen.
Selbstaufgabe führt immer in die Unzufriedenheit, die dann nur zwei Auswege lässt: Das mühselige auftrennen des “WIR” um sich wieder ein bisschen selbst zu spüren oder die gänzliche Resignation. Ersteres bringt oft Unverständnis durch das soziale Umfeld, da dort schnell “ein bisschen mehr Freiraum” in ein “du liebst mich nicht mehr” umgedeutet wird, was aber nicht zwingend so sein muss. Die zweite Variante beendet quasi das eigene Leben. Beides alles andere als erfreulich.
Als ich 2005 meine heutige Frau kennengelernt habe, war mir von vornherein klar, dass es nicht wieder zu einer kompletten Verschmelzung kommen darf. Das war auch in ihrem Interesse und so haben wir die bis dato längste Beziehung geschafft, die wir jeweils in unserem Leben hatten.
Der heutige Zeitgeist steht ja eher für die Autarkie - ich brauche niemanden, ich muss mich nur selbst lieben, dann tun es auch die anderen. Das dieses Konzept nicht funktioniert, kann man in seinem Umfeld deutlich beobachten. Es funktioniert genau so wenig, wie das Konzept “Together forever and never to part” um Rick Astley zu zitieren. Die Mischung macht’s: Ein gemeinsames WIR, bei dem aber das jeweilige MIR gleich groß geschrieben wird. Die Waage zu halten ist nicht leicht, aber es lohnt sich.
Bleibt gesund und wach!
Comments